Erfunden wird heutzutage nicht von einzelnen, selbstständigen Daniel Düsentriebs im Garagenlabor, sondern von angestellten Mitarbeitern in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen, also in der Regel im Auftrag eines Unternehmens. Mehr als 80 Prozent aller neuen Patente sind solche Arbeitnehmererfindungen. Dennoch gehören solche Erfindungen nicht automatisch dem Unternehmen, das den Forschungsmitarbeiter beschäftigt. In Deutschland gilt vielmehr das „Schöpfungsprinzip“: Rechte an Arbeitnehmererfindungen stehen zunächst den Arbeitnehmern zu, die an der Erfindung beteilt waren (heute ist das oft nicht ein Mitarbeiter allein, sondern ein Team). Dabei bleibt es aber in der Regel nicht, da das Unternehmen die Forschung ja in eigenem Interesse betreibt und Erfindungen daher auf die Firma patentieren lassen will. (…)
Die kleine Reform
Das Arbeitnehmererfindungsgesetz regelt, unter welchen Voraussetzungen und zu welchen Konditionen die Rechte an solchen Erfindungen vom Arbeitnehmer auf den Arbeitgeber übergehen. Da die bisherige Rechtslage seit längerem als zu kompliziert und unpraktisch angesehen wird, beschloss der Bundestag am 28. Mai 2009 das Gesetz zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts („Patentrechtsmodernisierungsgesetz“)

Die ursprünglich geplante „große“ Reform dieses Gesetzes zur Vereinfachung des Vergütungssystems für Erfindungen war vor einigen Jahren gescheitert. Mit dieser kleinen Reform sollen nun zumindest die Risiken für Arbeitgeber beim Patentrechtserwerb selbst minimiert werden.

Was ändert sich?
Nach bisherigem Recht musste der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer innerhalb einer Frist von vier Monaten ab Zugang der Erfindungsmeldung schriftlich erklären, ob er die Rechte an der Erfindung selbst in Anspruch nimmt oder nicht. Reagierte der Arbeitgeber nicht oder machte er einen Formfehler, wurde die Erfindung für den Arbeitnehmer frei: Die Rechte an der Erfindung verblieben beim Arbeitnehmer, der diese dann selbst verwerten konnte.
Das gab in der Vergangenheit häufig Probleme, vor allem bei mittelständischen Unternehmen. Etliche Firmen versäumten nämlich die rechtzeitige Inanspruchnahme, mit fatalen Folgen: Die Erfindung, das in jahrelanger Forschungsarbeit durch (von der Firma bezahlte) Mitarbeiter entwickelt wurde, geht verloren. Im schlimmsten Fall verkauft der Erfinder das Patent an einen Branchenwettbewerber.
Künftig gilt daher eine „Inanspruchnahmefiktion“, d.h. Arbeitnehmererfindungen gehen vier Monate nach ihrer Meldung automatisch auf den Arbeitgeber über (wenn dieser die Erfindung nicht schon vorher freigibt). Der Übergang der Rechte auf den Arbeitgeber wird damit zur Regel. Die Gefahr des versehentlichen Rechtsverlustes ist gebannt.
Eine weitere Erleichterung: Sowohl die Erfindungsmeldung als auch die Freigabe des Arbeitgebers ist künftig in Textform möglich, also auch durch e-Mail oder PC-Fax (bisher galt die strengere Schriftform).

Was passiert bei „versehentlicher“ Inanspruchnahme?
Früher hatte der Arbeitgeber das Risiko, eine Erfindung zu verlieren, wenn er nicht reagierte. Künftig kann es ihm – umgekehrt – passieren, dass er wegen der Fiktion eine Erfindung am Hals hat, die er gar nicht will. Wo ist der Nachteil? Nun, Arbeitnehmererfindungen müssen vom Arbeitgeber (zusätzlich zum Gehalt) vergütet werden. Zudem ist der Arbeitgeber verpflichtet, alle in Anspruch genommenen Arbeitnehmererfindungen zum Schutzrecht anzumelden; dies gilt auch bei der Inanspruchnahmefiktion. Es entstehen also mit jeder kraft Fiktion in Anspruch genommen Arbeitnehmererfindung Kosten für Vergütung, Patentanmeldung und Verwaltung.

Tipps für die Praxis
Vertragsgestaltung: Das Recht der Arbeitnehmererfindung können Arbeitgeber und Mitarbeiter (in gewissen Grenzen) im Arbeitsvertrag regeln. Firmen mit Forschungstätigkeit sollten daher ihre Verträge überprüfen und auf die neue Gesetzeslage anpassen. Zudem sollten sie interne Strukturen schaffen, um die „versehentliche Inanspruchnahme“ einer wertlosen Erfindung zu verhindern (Meldemanagement und Fristenkontrolle!).