Firmen wollen ihre Kunden und Geschäftspartner binden und sich positiv in Erinnerung rufen. Das ist völlig legitim. Allein mit Kugelschreibern und Wandkalendern zur Vorweihnachtszeit kommt man da nicht sehr weit. Interessanter sind Sport und Kultur, vor allem Top-Events wie Welt- und Europameisterschaften, UEFA-Cup-Spiele, Tennis- oder Golf-Turniere oder hochklassige Konzerte. Der Klassiker: Das Unternehmen fördert eine Veranstaltung als Titelsponsor (Beispiel: www.bmwopen.de) und lädt Kunden und Partner hierzu ein. Wo ist das Problem? Das fragte sich auch Utz Claasen (damals EnBW-Vorstand), als die Staatsanwaltschaft Karlsruhe in der sog. WM-Ticketaffäre wegen Bestechung gegen ihn ermittelte.

Er hatte vor Weihnachten 2005 im Namen der EnBW sieben Politikern aus Stuttgart und Berlin Ticket-Gutscheine für die EnBW-VIP-Loge geschickt, alles Mitglieder der Landes- oder Bundesregierung. Die Tickets hatten einen Wert von je 400 Euro. Der Staatsanwalt fand das nicht gut und klagte an. Das Landgericht Karlsruhe sprach ihn zwar im November 2007 vom Strafvorwurf frei. Dieses Strafverfahren führte aber – zusammen mit dem Korruptionsskandal bei Siemens – dazu, dass sich viele Marketingleiter bis heute fragen, was denn nun eigentlich erlaubt ist und was nicht. Eine Weile traute man sich als Vertriebsmitarbeiter nicht einmal mehr, den Einkäufer der Partnerfirma zum Kaffee einzuladen (Focus Nr. 31/2008). Was ist denn nun gefährlich und was ist erlaubte Beziehungspflege? Rechthaber.com bringt Licht ins Dunkel:

I. Strafrecht und Steuerrecht:

Zunächst sollte man sich klar machen, dass es um zwei verschiedene Themenkomplexe geht, die man auseinander halten sollte. Nämlich die Fragen:

1) Wen lade ich ein: Privatpersonen (Kunden und Geschäftspartner) oder Personen aus dem öffentlichen Bereich (Politiker, Beamte, Amtsträger)?

2) Geht es mir („nur“) darum, dem Strafrecht aus dem Weg zu gehen oder sollen die Ausgaben auch steuerlich voll als Betriebsausgaben absetzbar sein?

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II. Das Minenfeld: Politiker und Beamte

Bei Einladungen von (bzw. Schenkungen an) Personen aus dem öffentlichen Sektor ist größte Vorsicht geboten. Hier schwebt immer der Verdacht einer strafbaren Vorteilsgewährung im Raum (§ 333 Strafgesetzbuch). Hier der Gesetzeswortlaut:

§ 333 Vorteilsgewährung
(1) Wer einem Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Für den Beamten ist eine solche Einladung übrigens ebenfalls gefährlich:

§ 331 Vorteilsannahme
(1) Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Diese Straftatbestände wurden übrigens 1997 verschärft. Seit dem Korruptionsbekämpfungsgesetz vom 13.08.1997 setzen die Straftatbestände der Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme keine konkrete Diensthandlung mehr voraus. Früher musste die Staatsanwaltschaft dem möglichen „Bestecher“ stets nachweisen, dass er einen Vorteil für eine ganz konkrete Diensthandlung gewährte oder versprach (z.B. für die Erteilung einer Baugenehmigung). Das war schwer zu beweisen. Die neue Fassung der Straftatbestände § 331 und 333 StGB lässt daher ganz allgemein einen Zusammenhang mit der Dienstausübung genügen. Strafbar ist also schon, wenn der Vorteil von dem Vorteilsgeber und dem Vorteilsnehmer allgemein im Sinne eines Gegenseitigkeitsverhältnisses mit der Amtsausübung verknüpft ist oder eine solche Verknüpfung nach der Vorstellung des Vorteilsgebers oder Vorteilsnehmers hergestellt werden soll. Unjuristisch formuliert: Wenn man den Herrn Huber (nur) deshalb einlädt, weil er Beamter ist, mit dem man „zu tun hat“. Erfasst werden auch Zuwendungen mit dem Zweck der sog. Klima- oder Landschaftspflege; wenn man sich also das allgemeine Wohlwollen des Amtsträgers im Hinblick auf dessen dienstlichen Aufgabenbereich sichern will; auch wenn man (derzeit) noch gar kein konkretes Anliegen an ihn hat. Die Gesetzesverschärfung will schon den Anschein der Käuflichkeit bekämpfen, nicht erst die Bestechung für eine konkrete Gegenleistung.

Nun ist all das im Strafverfahren trotzdem schwer nachzuweisen und längst nicht alle Ermittlungsverfahren enden deshalb mit einer Verurteilung. Dennoch macht es weder dem Beamten, noch dem Marketingleiter des Sponsorunternehmens Spaß, überhaupt ins Fadenkreuz der Staatsanwaltschaft zu kommen.

Am Rande: Die verschärfte Form der Korruption ist in den § 332 StGB (Bestechlichkeit) und § 334 StGB (Bestechung) unter Strafe gestellt, natürlich mit höherem Strafmaß. Hier geht es nun wirklich um einen ganz konkreten Vorteil, den man als Beamter gegen eine Gegenleistung gewährt. Auch hier der jeweilige Gesetzeswortlaut:

Relevant für den Amtsträger:

§ 332 Bestechlichkeit
(1) Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen lässt oder annimmt, dass er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Der Versuch ist strafbar.

(2) Ein Richter …

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat, (1.) bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder, (2.) soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen zu lassen.

Relevant für den Firmenmitarbeiter:

§ 334 Bestechung

(1) Wer einem Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(2) Wer einem Richter…

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, dass dieser (1.) bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder, (2.) soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen lässt.

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Dieser Beitrag richtet sich aber an redliche Marketing- und Vertriebsleiter. Wir müssen die Thematik der „echten Bestechung“ daher an dieser Stelle nicht vertiefen.

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Fazit:
Man sollte Amtsträger möglichst überhaupt nicht mit Gegenständen beschenken, es sei denn, diese haben so gut wie keinen wirtschaftlichen Wert. Einladungen zu Veranstaltungen sind dagegen prinzipiell möglich (siehe Entscheidung zu Utz Claasen, EnBW: Das LG Karlsruhe war der Auffassung, dass die Gutscheine im Rahmen des Marketingkonzepts des WM-Sponsors EnBW und nicht als Gegenleistung für die Dienstausübung der Amtsträger versandt worden seien. Ferner, dass in der Einladung eines Sponsors an einen Amtsträger zu öffentlich-wirksamen Veranstaltungen „grundsätzlich keine strafbare Vorteilsgewährung“ zu sehen sei. Dies sei „das legitime Anliegen eines Sponsors“. Das LG sah keinen Anschein der Käuflichkeit und damit keine Vorteilsgewährung.)

Dennoch: Die Rahmenbedingungen sollten zuvor rechtlich geprüft werden. Nur Spitzenpolitiker (Repräsentanten) sind in dieser Hinsicht relativ unproblematisch. Viel gefährlicher ist die Einladung von ausführenden Beamten. Läuft noch dazu etwa gerade ein konkreter Vorgang im Amt, der das einladende Unternehmen betrifft (z.B. ein Genehmigungsverfahren o.ä.), ist es brandgefährlich, damit befassten Beamten „etwas Gutes zu tun“.

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III. Kunden und Geschäftspartner

Hier ist die Situation deutlich weniger bedrohlich. Man darf Geschäftspartner selbstverständlich einladen und ihnen auch Geschenke machen (in welchem Umfang das steuerlich als Betriebsausgabe absetzbar ist, steht auf einem anderen Blatt, hierzu Ziff. IV).

Allerdings: Auch hier ist nicht alles erlaubt. Das Strafrecht stellt in den §§ 298 bis 300 StGB bestimmte Handlungen unter Strafe, die den Wettbewerb zwischen Unternehmen verletzen (dazu gleich mehr). Daneben muss ein Marketing- oder Vertriebsmitarbeiter natürlich zivilrechtliche Vorschriften beachten, vor allem das UWG beachten, das unlauteren Wettbewerb verbietet. Erfährt ein Konkurrent, dass Sie einen Geschäftspartner „schmieren“, ist das nicht nur eine Straftat, sondern der Konkurrent kann Sie auch auf Unerlassung des Wettbewerbsverstoßes verklagen. Und schließlich haben manche Unternehmen sich auch freiwillig zur Einhaltung bestimmter Regeln verpflichtet (Good Governance Codex). Dabei handelt es sich um vertragliche Verpflichtungen gegenüber dem eigenen Arbeitgeber. Verstößt man hiergegen, drohen im Ernstfall fristlose Kündigung und Schadensersatzanspruch der eigenen Firma.

Die relevanten Normen aus dem Strafrecht im Wortlaut:

§ 298 Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen

(1) Wer bei einer Ausschreibung über Waren oder gewerbliche Leistungen ein Angebot abgibt, das auf einer rechtswidrigen Absprache beruht, die darauf abzielt, den Veranstalter zur Annahme eines bestimmten Angebots zu veranlassen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Der Ausschreibung im Sinne des Absatzes 1 steht die freihändige Vergabe eines Auftrages nach vorausgegangenem Teilnahmewettbewerb gleich.

(3) Nach Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 2, wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, daß der Veranstalter das Angebot annimmt oder dieser seine Leistung erbringt. Wird ohne Zutun des Täters das Angebot nicht angenommen oder die Leistung des Veranstalters nicht erbracht, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Annahme des Angebots oder das Erbringen der Leistung zu verhindern.


§ 299 Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr

(1) Wer als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes im geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er ihn oder einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise bevorzuge.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Handlungen im ausländischen Wettbewerb.

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§ 300 Besonders schwere Fälle der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr

In besonders schweren Fällen wird eine Tat nach § 299 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1. die Tat sich auf einen Vorteil großen Ausmaßes bezieht oder
2. der Täter gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

Bei Einladungen von Geschäftspartnern aus dem Privatsektor sollte man deshalb jeden Anschein der Heimlichkeit vermeiden. Einladungen also nie an die Privatadresse, sondern stets an die Firma schicken. Insbesondere sollte man immer den Firmeninhaber bzw. den konkreten „Entscheidungsträger“ selbst einladen oder zumindest informieren, damit nicht der Eindruck entsteht, man besticht einen Middle-Management-Mitarbeiter des Geschäftspartners, damit dieser (ohne das Wissen seiner Vorgesetzten) eine Entscheidung zum Nachteil seiner Firma fällt.

Fazit:
Eine offene Einladung von Mitarbeitern eines Geschäftspartners (Kunde oder Lieferant) zu einer Sportveranstaltung ist sowohl strafrechtlich als auch wettbewerbsrechtlich in den allermeisten Fällen völlig unbedenklich. Ausnahmen hiervon gibt es, allerdings sind das derart offensichtliche Wettbewerbsverstöße, dass man hierbei in aller Regel selbst ein erhebliches Störgefühl haben dürfte, z.B. Privateinladungen von Mitarbeitern, ohne dass dessen Chef davon erfahren soll oder Bestechungen, die den Mitarbeiter dazu bewegen sollen, ein offensichtlich besseres Angebot eines Konkurrenten zum Schaden seines Unternehmens auszuschlagen und stattdessen einen Vertrag mit dem Einladenden abzuschließen.

Mittlerweile geben vor allem große Unternehmen (aus gegebenem Anlass z.B. Siemens) ihren Mitarbeitern aber auch eigene Richtlinien vor. Diese sind oft strenger als die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Ob sie in der Praxis auch wirklich in aller Konsequenz eingehalten werden, steht auf einem anderen Blatt. Im Ernstfall kann sich das Unternehmen aber (gegenüber der Öffentlichkeit) auf den Standpunkt stellen: Wir haben das unseren Mitarbeitern ausdrücklich verboten.

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IV.Steuerrecht

Soweit zum Straf- und Wettbewerbsrecht. Was aber sagt das Finanzamt zu Geschenken und Einladungen? Diesen Aspekt beleuchtet Rechthaber-Autor und Steuerberater Volker Schüßler im zweiten Teil des Beitrags: „Einladung in die VIP-Loge (Teil 2): Jetzt auch noch das Finanzamt„.

Zum Download:

Broschüre „Transparency International“ mit Empfehlungen zum Verhalten von Mitarbeitern

Transparency_International_Scheinwerfer_Sponsoring

Beitrag Focus Online Nr. 31 / 2008

focus_online_31_2008_siemens-korruptionsaffare

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