Müssen 65-jährige Rentner für die Pflegekosten ihrer 90-jährigen Eltern aufkommen?

Dass berufstätige Kinder unter Umständen einen Teil ihres Einkommens für die Heimkosten ihrer Eltern aufbringen müssen, ist bekannt (ausführlich zum Thema Elternunterhalt und Berechnungstabelle hier). Aber ist das auch der Fall, wenn das „Kind“ selbst bereits im Rentenalter ist, also von seiner – möglicherweise überschaubaren – Rente lebt und für’s Alter etwas angespart hat? Muss man eventuell das mühevoll Ersparte angreifen, wenn die eigene Rente nicht ausreicht, um die Heimkosten der Eltern zu begleichen?

Solche Fragen sind keineswegs abstruse Einzelfälle. Da die Lebenserwartung kontinuierlich steigt, ist es nicht selten, dass zwei Generationen parallel in Rente sind. Die obigen Fragen werden daher immer öfter an unsere Kanzlei gestellt.

Eltern „überleben“ die Phase der Berufstätigkeit ihrer „Kinder“

Müssen also auch „Kinder“ im Rentenalter für die Pflegekosten ihrer noch betagteren Eltern aufkommen? Prinzipiell ja! Denn nach dem Gesetz haften alle Kinder für die Pflegekosten der Eltern. Bei Rentnern wird die sog. „Leistungsfähigkeit“ – also das Einkommen, das sie gegebenenfalls für ihre Eltern verwenden müssen – allerdings etwas anders berechnet als bei berufstätigen Unterhaltspflichtigen.

Bekanntlich können unterhaltspflichtige Kinder 5% ihres Bruttoeinkommens als sog. Vorsorgeschonvermögen fürs Alter zurücklegen. Diese Altersvorsorgeaufwendungen darf das Sozialamt nicht antasten. Ist man aber in Rente, gilt diese Regel nicht mehr. Denn die Rechtsprechung geht nun davon aus, dass man in dieser Phase des Lebens die Vorsorgeaufwendungen nicht mehr aufbaut, sondern abbaut. Dies führt dazu, dass das Sozialamt das fürs Alter angesparte Vermögen in eine Art Rente umgewandelt, die als fiktives Einkommen zur normalen Altersrente hinzugerechnet wird. Konkret wird bei dieser Berechnung der jeweilige Kapitalisierungsfaktor zu Grunde gelegt, der sich an der statistische Lebenserwartung des Unterhaltspflichtigen orientiert. Diesen Faktor entnehmen die Behörden und Gericht der Tabelle zur „Bewertung einer lebenslänglichen Nutzung oder Leistung“, einer Anlage zu § 14 Abs. 1 S.4 BewG, die regelmäßig vom Bundesfinanzministerium veröffentlichten wird (abrufbar als PDF hier).

Das angesparte Kapital des Unterhaltspflichtigen wird schließlich durch den sich aus dieser Tabelle ergebenen Kapitalisierungsfaktor geteilt. Der sich hierdurch erhaltene Jahreswert wird dann durch 12 (Monate) geteilt, um die monatliche Rente zu berechnen. Zur Veranschaulichung ein Beispiel: Eine 67-jähriger Rentner hat ein angespartes Vermögen von 125.000 Euro. Die fiktive monatliche Rente wird wie folgt berechnet: 125.000 Euro ./. 12 (Monate) ./. 10,750 (Kapitalisierungswert eines 67jährigen Mannes laut o.g. Tabelle) = 968,99 Euro. Diese (fiktive) Rente wird dann zur normalen Altersrente und ggf. sonstigen Vermögenswerten (z.B. Wohnvorteil selbst genutzte Immobilie) hinzugerechnet. Den nach Abzug des jeweiligen Sockelselbstbehalts (seit 1.1.2015 beträgt dieser 1.800 Euro für Alleinstehende und 1.440 Euro für dessen Partner, für Verheiratete somit insgesamt 3.240 Euro) verbleibende Betrag muss der Rentner zu 50% für die Heimkosten seiner Eltern verwenden. Damit müssen auch Kinder mit nur kleiner Rente für die Heimkosten ihrer Eltern aufkommen, wenn sie in jungen Jahren größere Vermögen angespart haben.

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