Jemand hat eine Geschäftsidee. Er hat auch etwas Geld, das er – neben seiner Motivation und Arbeitskraft – für dieses Projekt einzusetzen bereit ist. Allerdings kann man bei einer (neuen) Geschäftsidee nie garantieren, ob sie sich durchsetzt, selbst bei größtem Fleiß und Engagement. Zudem hat er vielleicht auch Frau und Kinder. Er kann und will also nicht seine gesamte Existenz riskieren. Die Lösung? Natürlich eine GmbH. Jeder Unternehmensberater, Rechtsanwalt und Bekannte wird ihm dazu raten (zumal seit der Unternehmenssteuerreform die GmbH auch steuerlich kein Nachteil mehr ist). Prinzipiell ist das auch durchaus richtig. Doch was dabei oft untergeht: Die GmbH ist keine Absicherung gegen jegliche private Haftung. Vor allem dann nicht, wenn der Unternehmer selbst Geschäftsführer ist. (…)

Als Berater kann man das gar nicht deutlich und oft genug sagen: Die Haftungsbeschränkung auf das Vermögen der GmbH ist ein Privileg, das die Rechtsordnung nur gewährt, solange sich der Geschäftsführer an die gesetzlichen Spielregeln hält. Konkret bedeutet das: Wenn ein Insolvenzgrund vorliegt, muss der Geschäftsführer entweder zusätzliches Kapital beschaffen oder aber Insolvenzantrag stellen – und zwar innerhalb von längstens drei Wochen. Andernfalls haftet er mit seinem privaten Vermögen und macht sich zudem strafbar.

Nun weiß das – zumindest in nebulösen Grundzügen – fast jeder. Aber kaum einer handelt danach. Vorsichtige Schätzungen halten ein Viertel aller im Markt aktiven GmbHs für objektiv insolvent. Dies erkennt man auch daran, dass die durchschnittliche Ausfallsumme bei GmbH-Insolvenzen bei 800.000 Euro liegt. Das bedeutet, dass der Geschäftsführer – obwohl er dazu verpflichtet war – nicht sofort bei Eintritt der Überschuldung („Unterschreiten der Null-Linie“) die bitteren Konsequenzen gezogen hat, sondern über Monate oder gar Jahre eine immer größere Überschuldung auftürmen ließ. Seit den Insolvenzordnungs- und GmbH-Reformen ist das Recht sogar noch strenger: So gibt es seit 1999 den weiteren Insolvenzgrund der „drohenden Zahlungsunfähigkeit“. Der Zweck: Das Insolvenzverfahren soll zum Schutz der Gläubiger und zur Verbesserung der Sanierungschancen vorverlagert werden. Die Überwachungs- und Prüfpflichten des Geschäftsführers werden damit ebenfalls vorverlagert. Die Praxis zeigt aber: Die wenigsten kleinen und mittleren Unternehmen (geschweige denn kleine Existenzgründerfirmen) betreiben eine professionelle Liquiditätsplanung.

Das hat scharfe Folgen: Die Gläubiger der GmbH richten im Insolvenzfall ihre Pfeile auf den Geschäftsführer und dessen privates Vermögen. Schon vor der Wirtschaftskrise gingen jährlich mehr als 25.000 GmbHs pleite, wobei etwa zwei Drittel masselos sind, also nicht einmal genügend Geld vorhanden ist, um die Gerichts- und Insolvenzverwaltergebühren zu bezahlen. In 2009 und 2010 werden sich diese Zahlen deutlich erhöhen. Im Ernstfall ist der Geschäftsführer also der Einzige, bei dem die Gläubiger und der Insolvenzverwalter überhaupt noch „etwas holen“ können.

Der Geschäftsführer meint aber häufig (so naiv wie falsch), sein Privatvermögen sei unangreifbar. Er fällt daher aus allen Wolken, wenn er das Anspruchsschreiben des Insolvenzverwalters im Briefkasten findet. Eine Managerversicherung fehlt bei kleinen und mittleren Unternehmen in aller Regel. Zudem verabschieden sich solche D&O-Versicherungen (Directors & Officers) in der aktuellen Krise übrigens reihenweise vom Markt oder werden endgültig unbezahlbar (teuer waren sie bisher schon).

Da der Geschäftsführer in dieser Konstellation selten freiwillig zahlen wird, muss er einen Zivilprozess überstehen. Auf den ersten Blick sieht es danach aus, als sei er dort in der günstigeren Lage, da die meisten Anspruchsgrundlagen ein Verschulden voraussetzen, das vom Gläubiger oder Insolvenzverwalter zu beweisen wäre. Die Praxis vor Gericht sieht anders aus: Da Externe keine näheren Kenntnisse über Abläufe und Geschäftsvorgänge innerhalb der Gesellschaft haben, hilft die Rechtsprechung den Gläubigern mit reduzierten Anforderungen an die Darlegungs- und Substantiierungslast, mit Beweiserleichterungen, Beweislastumkehr, Verschuldensvermutung und Anscheinsbeweis. Der Geschäftsführer findet sich also im Prozess oft in der Defensive und muss Vorwürfe aktiv entkräften. Zwar gewährt die Rechtsprechung dem Geschäftsführer im Gegenzug auch eine Entlastung, in dem das Bundesarbeitsgericht unter bestimmten Voraussetzungen die Regeln des Arbeitsrechts zur Haftungserleichterung anwendet. Das gilt aber nur für Fremdgeschäftsführer.

Fazit: Ein Geschäftsführer darf sich nicht täuschen lassen. Sein Job ist immens haftungsträchtig. Wer als Geschäftsführer die (drohende) Insolvenz ignoriert oder (wegen fehlender Überwachungssysteme) nicht rechtzeitig bemerkt, haftet für die dadurch entstehenden Schäden mit seinem gesamten Privatvermögen.

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