Nun hat die Bundesregierung in „letzter Sekunde“ Ende 2014 den sog. Referentenentwurf in einer Reihe von Punkten geändert. Insbesondere hat man § 371 Abs. 1 AO wie folgt formuliert:

„Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft. Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen.“

Insbesondere im letzten Halbsatz hat man deutlich nachgebessert, was m.E. zu folgendem Problem führt: Wie werden die letzten zehn Kalenderjahre (sog. Verbundzeitraum) berechnet?

Folgende Möglichkeiten sind denkbar:
– Die letzten 10 Kalenderjahre sind die vollen Kalenderjahre vor dem Jahr der Selbstanzeige. Also bei Selbstanzeige im Jahr 2015 der Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2014.
– Die letzten 10 Kalenderjahre berechnen sich taggenau 10 Jahre zurück nach dem Tag des Eingangs der Selbstanzeige beim Finanzamt.

Also bei Selbstanzeige am 10.02.2015 Verbundzeitraum vom 09.02.2005 bis 10.02.2015 (? Wird der Tag des Zugangs noch mitgerechnet?)
– Die letzten 10 tatsächlich veranlagungsrelevanten Kalenderjahre, ausgehend vom letzten erklärten Kalenderjahr.
Letzte Einkommensteuererklärung 2013 am 10.02.2015 verbeschieden. Verbundzeitraum dann 2004 bis 2013 (?)

In Bundestags –Drucksache 18/3018 S.11 ist aufgeführt:

„Ausgangspunkt für die Berechnung der fiktiven Frist von zehn Jahren ist die Abgabe der Selbstanzeige. Die Berichtigungspflicht besteht für alle Steuerstraftaten einer Steuerart für die zurückliegenden zehn Kalenderjahre.“

Zwar spricht diese Formulierung vermutlich eher für die zweite Variante. Rechtssicherheit durch den Normgesetzgeber im Steuerstrafrecht sieht aber anders aus. Auf eine Antwort auf die von mir gestellte Anfrage beim Bundesministerium der Finanzen warte ich noch….

Bei Fragen zum Thema Selbstanzeige steht Ihnen die Kanzlei Dr. Semmler gern zur Verfügung