Checkliste für ein korrektes Nachlassverzeichnis

Wer ein Kind enterbt – und das tun alle, die ein Berliner Ehegattentestament erstellen – muss damit rechnen, dass es seinen Pflichtteil fordert. Wie schon der Begriff „Pflicht“-Teil sagt, ist der Anspruch zwingend, auch wenn das Kind dem Verstorbenen entfremdet war oder sich sogar mit ihm zerstritten hatte. Entziehen kann man den Pflichtteil nur in ganz seltenen Ausnahmefällen.  […]

Wie hoch ist die Pflichtteilsquote?

Der Pflichtteil ist die Hälfte dessen, was der Berechtigte nach gesetzlicher Erbfolge (wenn es also kein Testament gäbe) geerbt hätte. Ein Beispiel: Der verwitwete V hat Tochter T und Sohn S. S ist dem Vater seit Jahren entfremdet und schert sich nicht um ihn. V schreibt deshalb im Testament: „Zu meiner alleinigen Erbin bestimme ich T“. Stirbt V, so ist T Alleinerbin und hat sofortigen Zugriff auf den gesamten Nachlass. S kann aber (innerhalb von drei Jahren) von der Erbin T den Pflichtteil verlangen. Berechnung der Quote: Hätte V kein Testament erstellt, so wäre er nach gesetzlicher Erbfolge von seinen beiden Kindern zu je ½ beerbt worden. Der Pflichtteil ist die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. S hat also Anspruch auf Auszahlung von ¼ des Nachlasswerts in Geld.

Woraus berechnet sich der Pflichtteil?

Berechnungsgrundlage für den Pflichtteil ist der sog. Reinnachlass, also der Saldo des Gesamtvermögens (Aktiva minus Passiva) des Erblassers am Tag seines Todes. Dieses Vermögen muss der Erbe in einem Nachlassverzeichnis detailliert auflisten. Er darf aber auch alle Verbindlichkeiten, Schulden, Beerdigungskosten etc. abziehen.

Für das Nachlassverzeichnis und die Bewertung gilt das Stichtagprinzip: Es ist also entscheidend, welchen Wert die Vermögensgegenstände (z.B. Aktien, Edelmetalle, Devisen) am Todestag hatten. Das kann den Erben in massive Schwierigkeiten bringen, wenn zum Beispiel Aktien nach dem Erbfall stark an Wert verlieren. Der Pflichtteil berechnet sich dann nämlich trotzdem aus dem Wert, den die Aktien am Todestag hatten (Tageskurs), der Erbe kann diesen (damaligen) Wert beim Verkauf der Aktien aber nicht mehr erlösen, so dass der Erbe in diesen Fällen faktisch mehr zahlen muss als den Pflichtteil. Umgekehrt kann sich der Erbe freuen, wenn Vermögensbestandteile nach dem Erbfall wertvoller werden (ein Grundstück zum Beispiel Bauland wird), weil der Pflichtteilsberechtigte von diesen Wertzuwächsen nicht mehr profitiert.

Checkliste Nachlassverzeichnis

Im Detail wird es spannend: Über die einzelnen Nachlassposten streiten Erben und Pflichtteilsberechtigte oft erbittert. Manche Erben verschweigen einzelne Vermögensbestandteile (was als versuchter Betrug strafbar ist) oder spielen deren Wert herunter. Der Pflichtteilsberechtigte dagegen will einen möglichst hohen Wertansatz erreichen (vor allem bei Grundstücken) und verlangt teure Sachverständigengutachten, will aber dafür manche Passivposten nicht anerkennen. Besonders oft wird gestritten über Lebensversicherungen, Schenkungen zu Lebzeiten, Grabpflegekosten, Erbscheins- und Notarkosten sowie Steuern. Extrem schwierig wird es, wenn der Verstorbene eine Firma oder Praxis hatte: Ohne (mehrere) Expertengutachten gibt es da meist keine Einigung.

Als Hilfestellung für Erben und Pflichtteilsberechtigte hat die Kanzlei Graf & Partner eine ausführliche Checkliste erstellt, welche Positionen im Nachlassverzeichnis angegeben werden müssen und wie diese bewertet werden. Der siebenseitige Praxis-Leitfaden und weitere Broschüren zum Erbrecht sind gratis als PDF verfügbar unter www.grafpartner.com, Rubrik „Publikationen“.