Das Finanzamt Ihrer Majestät und die Royal Mail übertreffen sich mal wieder selbst

HMRC

Die Hälfte der Briten ist überglücklich, die „ineffiziente EU-Bürokratie“ endlich loszuwerden und auf den Inseln wieder zu britischer Zucht und Ordnung zurückkehren zu können. Die Wahlkampfslogans der Leave-Campaign waren bekanntlich „‚Take Control“ und „We want our Country back“. Nun, wie die typisch britische Verwaltungseffizienz aussieht, führten mir gestern die königliche Finanzbehörde (HMRC) und die Royal Mail vor Augen.

In einem deutsch-britischen Erbfall (wir machen so etwas dauernd) hat die deutsche Mandantin einen sechsstelligen Betrag englische Erbschaftssteuer gezahlt. Und zwar schon im November 2015. Weil man diese englische Erbschaftssteuer auf die in Deutschland zu zahlende Erbschaftssteuer anrechnen lassen kann (§ 21 ErbStG), bat ich das englische Finanzamt um eine Bestätigung, dass die UK Inheritance Tax komplett beglichen ist. Name des Toten und dessen englische Erbschaftssteuernummer auf der Zahlungsbestätigung wären nett.

Auf den ersten Blick würde man meinen, dies sei eine machbare Aufgabe für eine Administration, die früher mal das British Empire verwaltet hat. Nun, die Praxis sieht so aus:

Auf meinen Brief vom 11.3.2016 (den ich wohlweislich für 50 Euro per UPS geschickt hatte, damit er auch wirklich am nächsten Tag dort ist) schreibt der IT & Governance Offiver am 20. Juni 2016, also drei Monate später, dass er mein Schreiben an das Technical Team weitergeleitet hat. Offenkundig gibt es in der HMRC Software keinen Knopf auf den man drücken kann, um so eine Zahlungsbestätigung zu generieren. Und frei formulierte Briefe mag man beim königlichen Finanzamt offenkundig nicht erstellen.

RoyalMail

Diese Eingangsbestätigung vom 20. Juni mit Hinweis, dass man sich bemüht, das „Problem“ zu lösen, ging uns immerhin bereits 25 Tage später zu, denn der Brief wurde aus England per „Advanced Mail First Class“ verschickt. Dieser Postlauf ist beeindruckend, denn auch explizite Luftpost aus UK ist nicht schneller (siehe hier).

So, dann teile ich der Mandantin jetzt mit, dass wir die von ihr in UK gezahlte Viertelmillion Euro vorläufig noch nicht auf die deutsche Erbschaftssteuer anrechnen lassen können, weil das englische Finanzamt in vier Monaten leider noch keine schlichte Zahlungsbestätigung übersenden konnte. Wegen „technical reasons“.

Bei aller in unserer Kanzlei reichlich vorhandenen Liebe für die Briten: Good luck with taking control of your country! Tausende EU-Regularien durch eigene Gesetze zu ersetzen, wird dieser effizienten Verwaltung sicher keinerlei Schwierigkeiten bereiten.

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Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist mit ihrer Abteilung für britisch-deutsche Prozessführung (GP Chambers) auf grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische Wirtschaftsstreitigkeiten, Scheidungen und Erbfälle. Rechtsanwalt Schmeilzl und Solicitor Jelowicki sind Experten für deutsch-englisches sowie deutsch-amerikanisches Erbrecht und agieren auch in vielen Fällen als Nachlassabwickler (Executors & Administrators) für deutsch-britische oder deutsch-amerikanische Erbfälle.

Falls Sie bei einer britisch-deutschen Rechtsangelegenheit Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die deutschen Anwälte und Solicitors der Kanzlei Graf & Partner sowie die englischen Solicitors der Kanzlei Lyndales gerne zur Verfügung. Ihr Ansprechpartner in Deutschland ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England).