Und weitere Fragen zum Thema Fremdgeld in der Anwaltskanzlei

Beim Thema Mandanten-Fremdgeld agieren manche (junge) Anwaltskollegen einigermaßen unbedarft. Es beginnt schon damit, dass manche Anwälte gar kein Fremdgeldkonto führen, sondern alle Zahlungsvorgänge über ein einziges Kanzleikonto laufen lassen. Das ist erstens übersichtlich, zweitens riskant:

Überzieht der Anwalt sein eigenes Konto, ist das sein Privatvergnügen. Verwendet er aber das auf dem Kanzleikonto liegende Fremdgeld für private Zwecke, dann ist das strafbar, berufsrechtswidrig sowieso. Hat der Anwalt viele verschiedene Fremdgeldeingänge auf seinem normalen Kanzleikonto, so sieht dieses immer schön gefüllt aus, obwohl er in Wahrheit vielleicht schon in der Kontoüberziehung ist, vielleicht ohne es zu merken, schlimmstenfalls bewusst, um eigene Liquiditätslücken der Kanzlei zu überbrücken. Ganz banal: Hat der Anwalt 10.000 Euro Fremdgeld vereinnahmt, aber nur mehr 8.000 Euro Plus auf dem Konto, dann hat er schon 2.000 Euro veruntreut (Stichwort: Vermögensgefährdung). Untreue im Sinne des § 266 StGB setzt – im Gegensatz zum Betrug – keine Bereicherungsabsicht voraus, sondern lediglich einen Vermögensnachteil für den Mandanten. Und dieser ist laut BGH bereits dann gegeben, wenn eine bloße Vermögensgefährdung eingetreten ist ohne das sich diese Vermögensgefährdung realisiert haben muss. Der Anwalt verstößt damit gegen seine Vermögensbetreuungspflicht gegenüber dem Mandanten (BGHSt 24, 386 f).

§ 43 a V 1 BRAO verpflichtet den Rechtsanwalt bei der Behandlung der ihm anvertrauten Vermögenswerte zur besonderen Sorgfalt. Fremde Gelder müssen unverzüglich – also innerhalb weniger Tage – an den Empfangsberechtigten weitergeleitet oder – wenn der Mandant keine sofortige Auskehrung wünscht oder nicht erreichbar ist – auf ein Anderkonto eingezahlt werden (§ 43 a V 2 BRAO, § 4 II 1, 2 1.Hs. BORA). Über Fremdgelder ist unverzüglich, spätestens mit Beendigung des Mandats, abzurechnen (§ 4 II 6 BORA).

Sehr unsicher sind sich viele Anwälte bei der Frage, ob man sein eigenes Anwaltshonorar vom Fremdgeld des Mandanten begleichen, also verrechnen darf. Vielleicht sogar entgegen der ausdrücklichen Weisung des Mandanten? Die Verrechnung eingegangener Fremdgelder mit noch offenen Honorarforderungen des Rechtsanwalts oder mit verauslagten Gerichtskosten ist prinzipiell gestattet. Das gilt allerdings nicht bei zweckgebundenen Geldern, die zur Auszahlung an andere als den Mandanten bestimmt sind (§ 4 III BORA), also zum Beispiel bei Unterhaltsleistungen oder Mietzinszahlungen an den Nicht-Mandanten. Ebenso unzulässig ist die Verrechnung von Geldern, die ein Rechtsanwalt für die Einzahlung der Gerichtskosten erhalten hat (BGH WM 1989, S. 450). Ausgeschlossen ist wegen § 394 S. 1 BGB in aller Regel auch die Verrechnung mit Unterhaltsforderungen des Mandanten. Diese fallen nach § 850b I Nr. 2 ZPO unter die bedingt pfändbaren Forderungen, wobei die Vorschrift neben dem laufenden Unterhalt u.a. auch Rückstände und Sonderbedarf erfasst (OLG München, Beschluss vom 15.04.2010 – 33 WF 399/10). Natürlich muss die Aufrechnung vom Anwalt ausdrücklich erklärt und auf der Honorarechnung gegenüber dem Mandanten dokumentiert werden.

Wem gehören die Zinsen auf dem Fremdgeldkonto? Eine gesetzliche Pflicht des Anwalts, für eine Verzinsung des Guthabens auf einem Anderkonto zu sorgen, besteht nicht. Falls die Kanzlei aber ein verzinsliches Konto als Anderkonto führt (und die meisten Geschäftsbanken gewähren hier Zinsen, wenn auch niedrige), so stehen die hier anfallenden Zinsen dem Mandanten zu, nicht dem kontoführenden Rechtsanwalt.

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