Woran erkennt man einen guten Anwalt? Am Fortbildungszertifikat des DAV? An der DEKRA-Zertifizierungsurkunde oder gar der Urkunde des „advoUnion-Zertifizierungsinstituts, erhältlich nach Besuch des advoUnion-Fortbildungsparadieses (sic)! Oder doch an der Selbstbezeichnung des Anwalts als Spezialist, Experte, Fachmann oder GRÖFAAZ (größter Fachanwalt aller Zeiten)?  Wohl kaum. Seien wir ehrlich: (…)

Bei den meisten (wenn nicht allen) dieser Zertifizierungen geht es darum, dass jemand ein wenig bis sehr viel Geld verdient (oder es zumindest versucht). Fachanwaltslehrgänge kosten mehrere Tausend Euro. Wer noch daran zweifelt, dass sich hier eine Industrie herausgebildet hat, möge hier klicken. Nun verstehe ich noch, wenn man Fachanwaltslehrgänge in Bereichen anbietet, die man an der Uni nicht (oder zu wenig) hört, etwa Versicherungsrecht, Medizinrecht oder Sozialrecht. Aber ein „Fachanwalt für Erbrecht“ oder ein „Fachanwalt für Arbeitsrecht“ erinnert mich immer ein wenig an einen Fachführerschein für Autobahnen und einen Fachführerschein für Landstraßen. Verliehen von TÜV oder DEKRA, nach einer Zusatzausbildung von 100 Stunden Autobahn oder Landstraße und für eine schmale Gebühr von 3.299 Euro. Natürlich darf man auch ohne Fachführerschein auf der Autobahn fahren, aber der Fach-Autobahn-Fahrer ist bestimmt viel besser. Liebe Kolleginnen und Kollegen: das war Kernbereich des Jurastudiums! Warum sollen wir hier irgendwelchen Fürstenbergs 3.000 Euro zahlen, damit sie uns ein glorifiziertes Repetitorium verkaufen?

Fachanwälte sind immer die qualifizierteren Anwälte? Blödsinn: Aus meiner 17jährigen Anwaltstätigkeit kenne ich herausragende Schriftsätze von Wald-und-Wiesen-Anwälten. Und musste teils größten Unsinn von Fachanwälten für Irgendwas lesen, seien sie nun mit DAV-Fortbildungsplatten ausgestattet bzw. Dekra-Zertifiziert oder nicht. Wenn man weiß, dass arbeitslosen Junganwälten mit 4,0-Punkte-Examen vom Arbeitsamt erst mal ein Fachanwalts-Fortbildungskurs finanziert wird und die Fachanwaltsaspiranten sich die „bearbeiteten Fälle“ von Kollegen erkaufen, dann erscheint das Institut Fachanwalt in einem etwas anderen Licht.

Nun sind die Fachanwalts-Lehrgänge aber unbestritten noch die seriösesten Angebote auf dem Markt. Darunter wird es extrem düster. Der einzig verbleibende Trost: Bei den Ärzten ist es zwischenzeitlich noch schlimmer. Für die niedergelassenen Ärzte ist es mittlerweile Pflicht, ein Qualitätsmanagementsystem einzuführen (Details hier).

Woran erkennt man aber nun den guten (d.h. für sich und sein Problem passenden) Anwalt? Nun, sicher nicht an irgendwelchen Dekra- oder TÜV-Zertifikaten. Nötig sind: Menschenkenntnis, Gespür, ein kritisches Erstberatungsgespräch, in dem man die Fachkompetenz des Anwalts testet und – nun ja – auch etwas Glück.