Der Sachverhalt ist schnell skizziert: Ein Anwalt muss einen Termin an einem auswärtigen Gericht wahrnehmen und steigt frühmorgens in den Zug. Auf halber Strecke ruft ihn sein Sekretariat an und teilt mit, das Gericht habe den Verhandlungstermin abgesagt, weil der Richter erkrankt sei. Aus diesem Grund entstehen vergebliche Reisekosten. Wer zahlt das ICE-Ticket? Die Staatskasse, der Gegner oder gar der eigene Mandant?

Es kommt darauf an, ob der Richter schon länger erkrankt war und das Gericht nur „vergessen“ hat, die Beteiligten abzuladen oder ob der Richter sich morgens am Verhandlungstag krank meldete, und es kommt darauf an, wer letztlich das Verfahren gewinnt. Die Konstellationen im Einzelnen:  (…)

Fall 1: Die Staatskasse muss zahlen

Der Richter war schon am Vortag krank. Bereits vor dem Verhandlungstag stand also fest, dass der Termin ausfallen wird und die Geschäftsstelle hätte die Beteiligten zumindest telefonisch oder per Fax abladen können, hat dies aber versäumt. Hier trägt im Zivilverfahren die Staatskasse die sinnlos entstandenen Kosten nach den Prinzipien der Staatshaftung, wenn also eine Amtspflichtverletzung vorliegt. Eine solche trifft das Gericht, wenn es den Gerichtstermin verspätet oder gar nicht absagt. Dazu muss aber vorab die Sachlage formell geklärt werden. Das Gericht muss auf Antrag des Anwalts bestätigen, dass die vergeblichen Kosten durch eine Amtspflichtverletzung entstanden sind. Erst dann kann der Anwalt einen abschließenden Antrag auf Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses stellen und darin seine vergeblichen Kosten der Staatskasse auferlegen lassen. Lässt der Anwalt nicht vorab eine Amtspflichtverletzung feststellen, so ist ein Kostenfestsetzungsbeschluss, der die Reisekosten der Staatskasse auferlegt, sogar unzulässig (vgl. OLG Koblenz, Beschluss v. 1.6.1984, Az: 14 W 339/84; OLG Koblenz, Beschluss vom 11.3.1986, Az 14 W 221/86).

Fall 2: Der Gegner muss zahlen

Der Richter meldet sich morgens krank, der Gerichtstermin muss deshalb kurzfristig abgesagt werden. Den Prozess gewinnt später aber der eigene Mandant. Die Absage des Termins wegen kurzfristiger Erkrankung ist keine Amtspflichtverletzung des Gerichts. Wer trägt nun die vergeblichen Reisekosten? Hier zählen die Reisekosten zu den Kosten des Rechtsstreits i.S.v. § 91 I ZPO. Die unterliegende gegnerische Partei trägt somit auch die vergeblichen Reisekosten. Die Kosten werden nach Abschluss des Verfahrens in den Antrag auf Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses aufgenommen und per Beschluss der unterliegenden Partei auferlegt. Der Beschluss kann jedoch erst beantragt werden, wenn das Gericht – wiederum auf Antrag – festgestellt hat, dass keine Staatshaftung besteht (vgl. OLG Koblenz, Beschluss v. 11.3.1986, Az: 14 W 221/86).

Fall 3: Der eigene Mandant muss zahlen

Konstellation wie Fall 2, im Prozess unterliegt dann jedoch der eigene Mandant. Wer trägt nun die Kosten? Wiederum gilt, dass – mangels Staatshaftungsfall – die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits trägt. Zu diesen zählen auch die Anreisekosten. Deshalb muss hier der Mandant auch die vergeblichen Reisekosten seines Anwalts mittragen.

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