Und wie formuliert man als Anwalt eine solche Nachrangklausel haftungssicher?

Wenn eine juristische Person (GmbH, Aktiengesellschaft, Verein etc) überschuldet ist, muss die Geschäftsführung Insolvenzantrag stellen. Und zwar nicht irgendwann, sondern sehr zügig. Die Überschuldung ist in § 19 Abs. 2 Insolvenzordnung gesetzlich so definiert:

Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Forderungen auf Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen oder aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, für die gemäß § 39 Abs. 2 zwischen Gläubiger und Schuldner der Nachrang im Insolvenzverfahren hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen vereinbart worden ist, sind nicht bei den Verbindlichkeiten nach Satz 1 zu berücksichtigen.

Darlehen von Gesellschaftern an die Gesellschaft werden also bei der Überschuldungsprüfung (Ermittlung des Überschuldungsstatus) nicht als insolvenzrelevante Verbindlichkeiten gewertet. Aus Sicht des Insolvenzrechts sind sie also kein Fremdkapital, sondern halten die juristische Person auch in der finanziellen Schieflage als „Quasi-Eigenkapital“ am Leben.

Wenn nun aber Dritte der schwächelnden Gesellschaft ein Darlehen geben möchten, um die Insolvenz zu vermeiden, dann muss dieses Darlehen eine professionell formulierte Darlehens-Nachrangabrede (Darlehens-Nachrangklausel) enthalten, in der der Darlehensgeber einen Rangrücktritt erklärt. Aus der Nachrangabrede muss eindeutig hervorgehen, dass – flapsig formuliert – im Ernstfall erst einmal alle anderen Gläubiger dran sind. Nur wenn danach immer noch etwas zu verteilen sein sollte (was praktisch nie der Fall ist), dann erhalten die Nachrang-Darlehensgeber ihr Geld zurück.

Der häufigste Fehler bei der Erstellung solcher Klauseln ist, dass nicht ausdrücklich der Rangrücktritt hinter den in § 39 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 bezeichneten Forderungen erklärt wird. Das versteht sich nämlich nicht von selbst. Nur wenn dieser Rangrücktritt ausdrücklich im Vertragstext steht, handelt es sich um eine sog. „qualifizierte Nachrangabrede“, die dem Geschäftsführer die nötige Sicherheit verschafft. Hier ein Formulierungsbeispiel für eine professionell formulierte qualifizierte Nachrangklausel:

Zur Vermeidung der insolvenzrechtlichen Überschuldung gemäß § 19 InsO erklärt der Darlehensgeber bezüglich seiner Ansprüche auf Rückzahlung des Darlehensbetrages hiermit den Rangrücktritt hinter die Ansprüche aller jetzigen und künftigen Gläubiger des Darlehensnehmer bzw. hinter Forderungen gemäß §§ 39 Abs. 1 InsO, so dass seine Forderungen auf Rückzahlung des Darlehensbetrages auch im insolvenzrechtlichen Überschuldungsstatus des Darlehensnehmers nicht zu passivieren sind. Die Ansprüche des Darlehensgebers auf Rückzahlung des Darlehensbetrages können nur aus Vermögen des Darlehensnehmers verlangt werden, das nicht zur Bedienung vorrangiger Forderungen benötigt wird. Ein Rangrücktritt hinter nachrangige Forderungen Dritter gemäß § 39 Abs. 2 InsO sowie – soweit für die Vermeidung der Passivierung im insolvenzrechtlichen Überschuldungsstatus des Darlehensnehmers unschädlich – § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO erfolgt nicht. Ein Verzicht auf die Forderung des Darlehensgebers ist damit nicht verbunden.

Ein Muster eines Nachrangdarlehensvertrags insgesamt ist auf Anfrage über unsere Wirtschaftskanzlei Graf & Partner Rechtsanwälte zu erhalten, selbstverständlich unter Ausschluss jeglicher Haftung.

Die 2003 gegründete Kanzlei Graf & Partner ist mit ihrer englischspachigen Prozessabteilung (GP Chambers) auf deutsches Wirtschaftsrecht und grenzüberschreitende Rechtsfälle spezialisiert, insbesondere auf deutsch-britische und deutsch-amerikanische Wirtschaftsstreitigkeiten und internationale Erbfälle. Falls Sie juristische Unterstützung benötigen, stehen Ihnen die Anwälte der Kanzlei Graf & Partner mit ihrem internationalen Netzwerk gerne zur Verfügung. Ihr Ansprechpartner ist Bernhard Schmeilzl, Rechtsanwalt & Master of Laws (Leicester, England), Telefon +49 (0) 941 – 463 7070, seit 2001 als Rechtsanwalt auf Wirtschaftsrecht und internationale Erbfälle spezialisiert.

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